Topic: Totzeit vs. Oberwellen

Hallo Freunde!

Da letztens öfters über das Thema Totzeit für die Ansteuerung der "Digital-Endstufe" diskutiert wurde, hab ich mir da mal ein paar Gedanken gemacht.

Zuerst mal rein vom Gefühl her: Ein Rechtecksignal mit ein wenig Totzeit in den Flanken sieht einem Sinus ein wenig ähnlicher als ein reines Rechtecksignal. Immerhin hat man nicht mehr ein reines Digitalsignal mit "1" und "-1" und unendlich steilen Übergängen dazwischen, sondern auch einen dritten Zustand also "0". Ist das dann ein Trigitalsignal? Naja wie auch immer.

Bin dann mal hergegangen und hab mir ausgerechnet wieviel Rechteckleistung man produzieren muss, wenn man 100W Sinus-Signal auf der Grundfrequenz herausbekommen möchte (Ohne Filterverluste gerechnet). Hab dazu die Leistung aller Oberwellen (bis zur 999.) addiert und kam auf rund 123,3W. Anders gesagt, wenn man ein Rechtecksignal produziert und daraus ein 100W Sinus-Signal herausfiltern möchte, muss man im Filter mindestens 23,3W Oberwellenleistung verbraten, schon einiges ...

Noch ein paar Details zu den einzelnen Oberwellen:
in der dritten stecken 11,11 W also fast die Hälfte der gesamten Oberwellenleistung
in dritter und fünfter stecken in Summe 15,11W, was fast zwei drittel der gesamten OW-Leistung entspricht
Bis zur 29. haben die einzelnen Oberwellen noch über 100mW Leistung, in Summe 21,7W also rund 93% der gesamten OW-Leistung.

Nun habe ich mit LTSpice eine Schaltung simuliert, wie wir sie planen. Also aus einem Sinus (bei uns aus dem gefilterten DDS-Signal) mit zwei Komparatoren habe ich ein Rechteck mit (variabler) Totzeit gemacht. Aus diesem dann noch ein "echtes" Rechteck, zum Vergleich. So sahen dann die Schaltung und die Zeit-Signale aus:

LTSpice Simulation Zeitbereich

Dabei habe ich nun die Totzeit so optimiert, dass die Oberwellenanteile minimiert werden, ohne dabei zu vergessen, dass mehr Totzeit natürlich nicht nur weniger Oberwellen, sondern auch weniger Grundwellenleistung bedeuten. Dabei habe ich den, meiner Meinung nach, optimalen Kompromiss bei 12,5% Totzeit je Schwingung (Achtung, diese Totzeit gibt es natürlich zwei mal je Schwingung, also in Summe 25% Totzeit für beide Flanken). Bei 136kHz wäre eine Schwingung rund 7,35µs lang, also die Totzeit rund 920ns. In der FFT sah dann das Signal so aus:

LTSpice Simulation FFT


Dabei ist das grüne Spektrum jenes mit Totzeit und das blaue das echte Rechteck. Man sieht, dass gerade jene Oberwellen, die fast 2/3 der gesamten Oberwellenleistung beheimaten (3. und 5.) deutlich vermindert sind.

In Zahlenwerten bedeutet das (für alle Zahlenwerte habe ich jetzt nur noch die 3. bis 29. Harmonische berücksichtigt):
Die Grundwelle ist gegenüber Rechteck um 0,8dB reduziert, hat also nur noch 83,2W.
Die Summe der Oberwellenleistung wurde von 21,8W auf 6,1W reduziert.
Die Gesamtleistung wurde von 121,8W auf 89,3W reduziert.
Die Grundwellenleistung wurde also auf 83,2%, die Gesamtleistung auf 73,3% und die Oberwellenleistung auf 28,1% reduziert.
Der Anteil der Grundwelle an der Gesamtleistung wurde von 82,1% (rechteck) auf 93,1% erhöht.

Conclusio:
Bei geschickter Wahl der Totzeit kann man den Wirkungsgrad der Endstufe deutlich erhöhen gegenüber einem Rechteck. Damit sinkt der "Wärmeaufwand" für die Endstufentransistoren, ebenso wie (noch mehr eigentlich) für das Oberwellenfilter. In Kauf nehmen muss man, dass dabei die Grundwellenleistung ebenfalls in geringerem Ausmaß reduziert wird.

73 de Andreas, oe3dmb